Über Remote Arbeit

Über Remote Arbeit

Sven Hennessen

Anmerkung: Dies ist eine überarbeitete Version meines Blogs aus 2019

Ein Thema, zu dem ich immer wieder zurückkomme, ist die Zusammenarbeit in der Softwareentwicklung aus dem Homeoffice. Warum? Nun, ich hatte die Gelegenheit, in verschiedenen Projekten mit unterschiedlich verteilten Teams zu arbeiten. Diese reichten von vollständig lokalisierten Teams an einem Standort bis hin zu Teams, die über mehrere Standorte und drei Zeitzonen verteilt waren. Der Hauptgrund ist, dass ich selbst sehr gerne von zu Hause aus arbeite. Daher begann ich schon vor einiger Zeit, mich intensiver mit Materialien und Best Practices für Remote-Teams auseinanderzusetzen.

Dieser Blog fasst zusammen, was ich in meiner eigenen Erfahrung und aus verschiedenen Quellen über das Thema gelernt habe.

Welche Art der Zusammenarbeit?

Die Zusammenarbeit in Softwareprojekten kann viele Formen annehmen, von vollständig lokalisierten Teams in einem Büro bis hin zu vollständig verteilten Teams ohne gemeinsamen Standort. Das übliche Modell, das ich bisher in größeren Unternehmen gesehen habe, war, dass ein Großteil des Teams an einem Ort arbeitet. Die Teamstruktur wird jedoch komplexer, sobald mehrere Standorte oder remote arbeitende Teammitglieder hinzukommen. Dies nenne ich im Folgenden "Hybrid" Setup.

Arbeitsweise

Neben der geografischen Verteilung der Teams spielt auch die Arbeitsweise eine entscheidende Rolle für den Erfolg eines Remote-Teams. In vielen Artikeln wurde immer wieder betont, wie wichtig die agilen Best Practices sind, die man seit Jahren kennt, aber die vermutlich nicht von allen Teams tatsächlich gelebt werden. Dazu gehören beispielsweise Grundsätze wie „Veröffentliche Dinge, sobald sie fertig sind, nicht erst, wenn eine Deadline es verlangt“ oder „Alle übernehmen reihum Support-Aufgaben, um die Arbeitsbelastung und das Wissen gleichmäßig zu verteilen“.

Auch die organisatorischen Strukturen innerhalb der Teams können variieren. Manche Entwickler arbeiten allein an Features, die dann von anderen geprüft werden, während in anderen Teams Pair-Programming praktiziert wird. Ein Ansatz, den ich bis heute noch nicht probiert habe, ist das Remote Mob Programming. Hierbei arbeitet ein Team von vier Personen zusammen, wobei eine Person tippt und die anderen drei diskutieren, was zu tun ist. Durch den ständigen Wechsel bleibt das Team in enger Kommunikation und Zusammenarbeit.

Das Profil von Teammitgliedern

Um erfolgreich remote arbeiten zu können, müssen Teammitglieder bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Natürlich sollten sie in der Lage sein, ihre Zeit gut zu managen und sich selbst zu organisieren. Aber darüber hinaus müssen sie technikaffin und gute Schreiber sein, da ihre Hauptkommunikation den ganzen Tag über mit einem Computer stattfindet, oft in schriftlicher Form. Sie müssen sich in einem nicht-sozialen Arbeitsumfeld wohlfühlen, wie etwa im eigenen Homeoffice.

Vorgesetzte sollten Mitarbeiter an den Ergebnissen ihrer Arbeit messen und nicht an der Anzahl der Stunden, die sie online sind. Das bedeutet auch, dass Manager vertrauenswürdige Mitarbeiter einstellen sollten und ihnen dann auch vertrauen müssen.

Kommunikation

Kommunikation ist der Bereich, in dem es meiner Erfahrung nach am ehesten zu Komplikationen kommen kann, und deshalb halte ich ihn für den wichtigsten Punkt.

In Remote-Teams erfolgt ein Großteil der Kommunikation in schriftlicher Form, oft in Tools zur Zusammenarbeit. Das erfordert eine Verhaltensänderung im Vergleich zur Arbeit im Büro.

Asynchrone Kommunikation

Diese Kommunikation findet asynchron statt (und sollte es auch). Das kann schwierig sein, ist aber die Basis dafür, dass Teammitglieder ihren Tag im Voraus planen können und ungestört arbeiten können. Das Planen wird daher immer wichtiger. Die Erwartung, sofort Antworten auf gestellte Fragen zu erhalten, ist nicht mehr realistisch. Synchrone Kommunikation sollte nur in Ausnahmefällen stattfinden, zum Beispiel in Notfällen oder zur Teamausrichtung (wie etwa im täglichen Standup). Asynchron sollte die Norm sein.

Es gibt bereits viele Tools für asynchrone Kommunikation, die weit verbreitet sind. Wichtig ist, dass alle Kommunikation für das gesamte Team sichtbar ist und jederzeit wiedergefunden werden kann. Dies ist besonders relevant, wenn neue Teammitglieder in ein Projekt einsteigen, das bereits ein Jahr oder länger läuft. Transparenz und die Möglichkeit, Informationen leicht nachzuvollziehen, sind essenziell.

Synchrone Kommunikation

Synchrone Kommunikation, wie sie in persönlichen Gesprächen oder per Videokonferenz stattfindet, hat dennoch ihre Berechtigung. Es gibt Arbeitssituationen, die sich besser in direkter Absprache klären lassen, wie zum Beispiel tägliche Abstimmungen oder kritische Diskussionen. Videokonferenzen eignen sich hervorragend für diese Art der Kommunikation.

Proaktives Verhalten

Asynchrone Kommunikation erfordert von allen Teammitgliedern eine proaktive Arbeitsweise. Ohne vollständige Transparenz im Team können Missverständnisse leicht auftreten, was dazu führen kann, dass Aufgaben doppelt erledigt oder ganz übersehen werden. Proaktivität bedeutet, dass alle Mitglieder des Teams regelmäßig den Status ihrer Arbeit, aufkommende Probleme und ihre Pläne für die Zukunft kommunizieren. Beispiele dafür sind:

  • Meeting-Protokolle, die standardmäßig für alle sichtbar sind (einschließlich Management-Meetings)
  • Gemeinsame, klare Prioritäten für das gesamte Team
  • Entwickler, die ihre Tagesplanung morgens in das Kommunikationstool des Teams schreiben
  • Ein tägliches „Heute habe ich gelernt“, in dem Entwickler ihre wichtigsten Erkenntnisse des Tages teilen
  • Alle Teammitglieder folgen aktiv den Informationen, die für ihre Arbeit relevant sind

Soziale Interaktion

Neben der Arbeit selbst darf die soziale Interaktion in einem Remote-Team nicht vernachlässigt werden. Dies beginnt mit der Einstellung, wie man schriftlich miteinander kommuniziert. Manchmal treffen uns Nachrichten, Fragen oder Entscheidungen unerwartet und wir könnten geneigt sein, diese als konfrontativ zu empfinden. Dabei handelt es sich oft nur um ein Missverständnis, nicht um böse Absicht.

Auch wenn asynchrone Kommunikation vorherrscht, hat synchrone Kommunikation immer noch ihren Platz. Es gibt Situationen, in denen direkte Gespräche über Video die besten Ergebnisse erzielen. Die Förderung des Teamgeistes und das Kennenlernen der Teammitglieder über die Arbeit hinaus sind wichtige Ziele, die durch solche Gespräche unterstützt werden können. Regelmäßige 1:1-Gespräche zwischen Managern und Mitarbeitern, monatliche Teambesprechungen (ob persönlich oder per Video) oder jährliche Treffen vor Ort sind nur einige der Formate, die dazu beitragen können.

Nebenwirkungen

Remote-Arbeit bringt ihre eigenen Herausforderungen mit sich, bietet aber auch viele Vorteile. Weniger Pendelzeit bedeutet mehr Zeit für andere Dinge und ein früheres Ende des Arbeitstages. Remote-Arbeit als Standard anzusehen, spart oft unnötige Geschäftsreisen, was nicht nur Zeit, sondern auch Ressourcen schont. Für Unternehmen bedeutet das Arbeiten in Remote-Teams, dass weniger Ausgaben für Büroräume und Möbel anfallen.

Darüber hinaus reduziert weniger Pendeln und weniger Reisen den CO₂-Fußabdruck, was unserer Umwelt zugutekommt.

Ein Nachteil, der oft übersehen wird, ist jedoch das Risiko der Vereinsamung und des fehlenden Gemeinschaftsgefühls. Ohne den täglichen Austausch im Büro und die spontane Interaktion mit Kolleginnen und Kollegen, kann sich bei manchen das Gefühl der Isolation einstellen. Das kann nicht nur die persönliche Motivation beeinträchtigen, sondern auch das Zugehörigkeitsgefühl zum Team oder Unternehmen schwächen. Der Mangel an informellen Gesprächen und Teamevents kann dazu führen, dass Remote-Mitarbeiter sich weniger eingebunden und unterstützt fühlen, was langfristig negative Auswirkungen auf die Teamdynamik und das Engagement haben kann.

Um diesen Problemen entgegenzuwirken, sind regelmäßige soziale Interaktionen, wie virtuelle Kaffeepausen oder Teamevents, unerlässlich. Auch ein hybrides Modell kann hier helfen.

Fazit

Ich arbeite gerne remote und bevorzuge es gegenüber der Arbeit im Büro. Auch nach mehreren Jahren remote Arbeit. Hybride Modelle können Sinn machen, deren Ausgestaltung ist dennoch stark von den jeweiligen Rahmenbedingungen abhängig. Allerdings weiß ich, dass Frustrationen auftreten können, wenn wichtige Punkte wie proaktive Kommunikation im Team nicht gelebt werden.

Falls ihr Feedback habt, freue ich mich darüber! Bleibt motiviert im Homeoffice – viel Spaß dabei!

Cheers!

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