Wenn eine bewährte Mobile-App-Lösung auf einer auslaufenden Technologie basiert, stehen Entwicklungsteams vor einer schwierigen Entscheidung: Wie modernisiert man die technische Basis, ohne den laufenden Betrieb zu gefährden? Bei DATAflor haben wir genau diese Herausforderung gemeistert – und dabei gelernt, dass der richtige Migrationspfad manchmal gegen aktuelle Trends geht.
Das Projekt im Überblick

Von März bis September 2025 haben wir gemeinsam mit DATAflor, einem führenden Anbieter für die Digitalisierung im Garten- und Landschaftsbau, die Migration ihrer TIME App von Xamarin.Forms zu .NET MAUI durchgeführt. Das besondere dabei: Die Migration musste ohne Entwicklungsstopp erfolgen, während parallel neue Features entwickelt und Bugfixes ausgeliefert wurden.
Im Projektteam arbeiteten zwei vensas-Entwickler eng mit einem Entwickler und dem Produkt Owner von DATAflor zusammen. Die Technologien im Einsatz: C#, MVVM-Pattern, SQLite für die lokale Persistenz – und natürlich die Migration von Xamarin.Forms zu .NET MAUI.
Die Ausgangslage
Die Situation war klar: Xamarin.Forms hatte im Mai 2024 das Ende seines Support-Zeitraums erreicht. Gleichzeitig wuchs der Druck durch neue Android- und iOS-Versionen. App Store und Play Store verlangten nach aktuellen Target-SDKs, Google führte die 16KB Page Size Anforderungen ein – und das alles bei einer produktiven App mit einer vierstelligen Nutzerzahl.
Doch die technischen Herausforderungen waren nur ein Teil der Geschichte. DATAflor betreibt eine gewachsene Multi-Project Xamarin.Forms Lösung, bei der mehrere Apps auf gemeinsame Shared Libraries zugreifen. Das MVVM-Pattern war bereits etabliert, SQLite kümmerte sich um die lokale Datenhaltung, und die Apps liefen auf verschiedenen Formfaktoren – auf iOS und Android - vom Smartphone bis zum Tablet.
Nicht untypisch für diese Art Apps ist die intensive Nutzung von Gerätefunktionen wie Barcode Scanner, Kamera und Gyrometer. Diese Features sind für die Geschäftsprozesse der Kunden essenziell – ein Ausfall oder Qualitätsverlust war keine Option.
Die strategische Entscheidung: Multi-Project beibehalten & Hardware-APIs priorisieren
Hier kam die erste wichtige Weichenstellung: Während viele Migrationsprojekte den Wechsel zu einer Single-Project-Struktur empfehlen, haben wir uns bewusst dagegen entschieden. Die Multi-Project-Architektur sollte beibehalten werden.
Warum? Die Vorteile lagen auf der Hand: Das Team konnte in seiner vertrauten Struktur arbeiten, ohne einen Big-Bang-Refactor durchführen zu müssen. Parallele Feature-Entwicklung blieb möglich, und jedes App-Modul konnte inkrementell validiert werden. Die Risiken bei Merges und in der Build-Pipeline blieben überschaubar.
Ein weiterer kritischer Punkt war die Priorisierung der Geräte-APIs. Barcode Scanner und Kamera sind Kernfunktionen der TIME App. Wir entschieden uns, diese frühzeitig zu adressieren, um spätere Blocker zu vermeiden. Durch die Nutzung von CommunityToolKit.MAUI konnten wir eine einheitliche Schnittstelle schaffen, die sowohl Android als auch iOS abdeckt. Individualisierung und Optimierung für die Verwendung in der bestehenden TIME App waren damit zentral möglich.
Unsere Migrationsleitlinien waren klar definiert: Wir wollten das bewährte MVVM-Pattern weiter nutzen und nur dort modernisieren, wo es echten Mehrwert brachte. Bestehende Abstraktionen im geteilten Code sollten beibehalten und wo nötig verbessert werden. Die Migration sollte Schicht für Schicht erfolgen – vom geteilten Code über die Persistenz bis hin zum UI. Und MAUI-Features würden nur dort zum Einsatz kommen, wo sie einen klaren Vorteil brachten.
Die technische Umsetzung: Layer für Layer
Die Migration war kein Sprint, sondern ein wohlüberlegter Marathon. Im Bereich Layout mussten wir die Rendering-Unterschiede zwischen MAUI und Xamarin.Forms sorgfältig ausgleichen. Bei der Persistenz galt es, die SQLite-Pfade korrekt zu migrieren und die Datenstabilität zu gewährleisten.
Eine besondere Herausforderung stellten die Barcode-Scanner dar. Hier sind wir gemeinsam mit dem Kunden durch mehrere Ansätze iteriert um das optimale Ergebnis zu erzielen. Die Kamera-Integration erforderte eine einheitliche Schnittstelle für Android und iOS auf Basis des CommunityToolKit.MAUI – eine Investition, die sich später mehrfach auszahlen sollte.
Herausforderungen wie etwa Performance-Probleme beim Scrollen in Listen unter Android, hat das DATAflor Team mit unserer Unterstützung in eigenrer Regie gelöst. Code-Reviews und Pair-Programming-Sessions halfen, die Qualität hoch zu halten und Wissen im Team zu verbreiten.
Das Ergebnis: So entstand nicht nur eine migrierte App, sondern eine Basis für alle weiteren DATAflor-Apps.
Zusammenarbeit auf Augenhöhe
Ein technisch exzellenter Plan ist nur die halbe Miete – entscheidend ist auch, wie Teams zusammenarbeiten. Wir haben auf kurze Feedback-Loops gesetzt, mit direkter Kommunikation über Microsoft Teams. Wöchentliche Abstimmungen sorgten für Alignment, während bei technischen Deep-Dives ad-hoc kommuniziert wurde.
Diese Vorgehensweise war besonders wichtig, da parallel zur Migration weiterhin Features entwickelt und Bugs behoben wurden. Eine saubere Branch-Strategie half dabei, Konflikte zu vermeiden. So können gemeinsam auch Herausforderungen wie Zusatzanforderungen durch den Apple App Store oder Google Play Store gemeistert werden.
Was wir gelernt haben
Rückblickend hat sich die Entscheidung für die Multi-Project-Architektur als goldrichtig erwiesen. Sie reduzierte sowohl Risiken als auch Kosten bei einer derartigen Migration erheblich. Eine weitere wichtige Erkenntnis: Geräte-APIs sollten früh priorisiert werden, um spätere Blocker zu vermeiden.
Der Kommunikationstakt war entscheidend, besonders bei paralleler Feature-Entwicklung. Gemeinsamer Zugriff auf ein Versionsveraltungssystem und zuverlässiges Arbeiten sind essentiell. Abstraktionen – wie unser Scanner- und Kamera-Service – erhöhten nicht nur die Wiederverwendbarkeit, sondern senkten auch den Wartungsaufwand. Und kleine, inkrementelle Deploy- und Test-Zyklen sorgten für kontinuierliches Momentum im Team.
Die Ergebnisse sprechen für sich
Das Projekt wurde im Zeit- und Budgetrahmen abgeschlossen. Die TIME App ging erfolgreich mit einer vierstelligen Nutzerzahl live. Doch der wahre Erfolg liegt in der geschaffenen Basis: Wir arbeiten mit DATAflor bereits seit Mitte 2024 zusammen. Die hier besprochene Basis kommt nicht nur der TIME App zugute. Die Apps TEAM, PROJEKT und CONNECT wurden bereits grundlegend migriert und ihre Releases unter .NET MAUI werden folgen.
Die gewählte Strategie hat DATAflor geholfen, auf moderne Technologie umzusteigen, ohne dabei den laufenden Betrieb zu gefährden oder Aufwand in den Umbau der Projektstruktur investieren zu müssen.
Fazit: Kontrolliert statt radikal
Diese Migration zeigt: Manchmal ist der konservativere Weg der nachhaltigere. Die kontrollierte, inkrementelle Migration ermöglichte es, die Produktivität aufrechtzuerhalten. Die bewusste Entscheidung gegen eine Single-Project-Architektur verhinderte unnötige Komplexität und Mehraufwände.
Das Ergebnis ist eine zukunftsfähige Architektur, die erweiterbar ist und auf der weitere Apps aufbauen können. Für DATAflor bedeutet das: moderne Technologie ohne Produktivstillstand – und eine solide Basis für die nächsten Jahre.
Sie möchten sich vom Ergebnis überzeugen? Hier finden Sie DATAflor TIME für Android und iOS.
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